Republica 2012 Tag 1 – ein Resümee
Das Positive zuerst: die neue Location der re:publica (Konferenz rund um das Internet) kann sich wirklich sehen lassen. Die sogenannte „Station“ in Berlin bietet viel Platz für die zahlreichen Besucher, eine Menge bunte Stühle, um den Füßen eine Ruhepause zu gönnen, viele Möglichkeiten sich mit anderen Besuchern auszutauschen und moderate Preise für das leibliche Wohl. Der einzige Haken: das W-LAN war die meiste Zeit außer Betrieb. Glück hatten diejenigen, die mit mobilen Internet ausgerüstet waren.
Da sehr viele Sessions gleichzeitig liefen, kann ich Euch natürlich nur von den Vorträgen berichten, die ich besucht habe. Hier mein persönliches Resümee:
Begrüssung
Die Initiatoren der re:publica Markus Beckedahl (netzpolitik.org), Andreas Gebhard (newthinking communications), sowie Johnny und Tanja Haeusler (spreeblick.com), begrüssten die Gäste und konnten mit Stolz verkünden, dass der Vorverkauf ein voller Erfolg war und alle Vorab-Tickets verkauft wurden. Markus Beckedahl, bekannt vorallem als Blogger von netzpolitik.org, war sichtlich nervös, machte den Besuchern aber Lust auf die vielversprechenden Sessions der nächsten drei Tage.
Eben Moglen über die Notwendigkeit freier Medien, freier Technologien und freier Gedanken
Eben Moglen, Professor für Recht und Geschichte an der Columbia Universität, hielt einen leidenschaftlichen Beitrag über die Gefahr, die uns derzeit droht, unser Recht auf Gedankenfreiheit zu verlieren. Er machte in einer wirklich Gänsehaut erzeugenden Rede darauf aufmerksam, wie gefährlich es ist, Software, technische Geräte und soziale Netzwerke zu benutzen, die von Firmen betrieben werden, die für Geld unsere Daten und unsere Gedanken verkaufen. Und er führte seinen Zuhörern vor Augen, wie leichtfertig wir Firmen, wie beispielsweise Facebook oder Apple, unsere persönlichen Informationen und Gedanken anvertrauen. Ein Schuss der nach hinten losgehen kann! Denn wir werden zum gläsernen Menschen, der nicht nur von Firmen, sondern auch von Regierungen bis ins kleinste Detail durchschaubar ist. Und das könnte dazu führen, dass wir unsere hart erkämpfte Freiheit der Gedanken und unser Persönlichkeitsrecht verlieren.
Der gläserne Künstler
Artur Schock und Hendrik Menzl hatten sich etwas ganz Besonderes für die re:publica 2012 ausgedacht. Sie legten offen, was ein „mittelmäßig“ erfolgreicher Musiker verdient. Und das an einem echten Beispiel. Das Fazit: durchschnittlich verdient dieser knapp 1000 Euro im Monat. Ohne einen Nebenjob lässt es sich also nicht leben. Da ist die Liebe zur Musik nun wirklich Voraussetzung, wenn man sich für diesen beruflichen und zugleich künstlerischen Weg entscheidet.
Deliberation 3.0
Eine spannende Diskussionsrunde zwischen Bertram Keller (Jurist, Philosoph und Redakteur der politischen Zeitschrift polar), Jennifer Paetsch (Mitgründerin des Liquid Democracy e.V.), Julia Schramm (Piratenpartei) und Steffen Albrecht (Projektleiter für E-Partizipation bei Zebralog). Besprochen wurden die Möglichkeiten des Internets im Hinblick auf den Prozess der demokratischen Konsensfindung. Wie lässt sich eine aktive, politische Beteiligung von Bürgern über das Internet umsetzen? Wie weit sollte eine solche Beteiligung gehen – nur der Diskurs oder sollten User sogar in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden? Wer wird über das Internet überhaupt angesprochen und sind bereits genügend Bürger mit Computer und Internet ausgestattet? Eine lebendige, sehr interessante Diskussion, die ich gerne verfolgt habe.
Selfpublishing
In dieser Session sprachen Ulrike Langer, Leander Wattig, Wolfgang Tischer, Johnny Haeusler, Nicole Sowade und Sebastian Posth. Fazit: ob der Autor sich nun für Selbstpublishing oder einen klassischen Verlag entscheidet, beide Modelle haben ihre Berechtigung und ihre Vorteile. Deshalb sollte sich jeder Autor gut informieren und eine persönliche, individuelle Entscheidung treffen, welches Modell für ihn das geeignete ist.
Make love not porn
Ein Vortrag von der schlagfertigen, wundervollen Cindy Gallop, die einen Dialog zum Thema „Porno vs. wirkliches Sexleben“ anregen möchte. Da die sexuelle Aufklärung heute zum Großteil über die Pornofilme im Internet erfolgt und über Sex viel zu wenig gesprochen wird, haben viele (vor allem junge) Menschen eine falsche Vorstellung davon, was ihrem Sexualpartner gefällt und wie man sich mit Respekt und Spaß einander nähert. Cindy Gallop möchte die Mauer des Schweigens durchbrechen und mit viel Humor und Offenheit aufklären. Aus diesem Grund startete sie vor drei Jahren ihr Webprojekt MakeLoveNotPorn.com – mit großem Erfolg und viel Zuspruch. Nun soll das Projekt wachsen, in wenigen Wochen wird sie deshalb die Seite MakeLoveNotPorn.tv präsentieren.
Sascha Lobo – Stand des Internet 2012
Der bekannteste Blogger Deutschlands und fantastische Rhetoriker Sascha Lobo sprach auch dieses Jahr auf der re:publica. Sein größtes Anliegen: eigene Gedanken, Fotos und Videos sollten nicht nur in kommerziellen, sozialen Netzwerken, wie Facebook, veröffentlicht werden, sondern unbedingt in eigenen Blogs. Denn nur ein Blog gehört dem User selbst – hier kann kein Konzern Beiträge löschen oder den User in seiner Kreativität einschränken. Auch Netzthemen, wie Urheberrecht, Anonymität im Internet oder ACTA wurden angesprochen. Gewürzt mit intelligentem Witz und interessanten Fakten. Sobald Lobos Vortrag im Netz als Video verfügbar ist, kann ich nur jedem empfehlen es sich anzusehen!
Morgen früh berichte ich Euch dann vom Tag 2 der re:publica. Ich freue mich schon!
2 Antworten
[…] habe ich Doreen vom Wortmeer, Franzesca und Katharina […]
[…] Frisch gebloggt […]