Sollte TikTok verboten werden?

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Obwohl TikTok von den älteren Generationen gerne mal belächelt wird, ist es zu einem gigantischen sozialen Netzwerk gewachsen. Und auch wenn in Europa vor der Plattform immer wieder gewarnt wird und in den USA sogar ein generelles Verbot der App im Raum steht, bleibt sie extrem beliebt und erfolgreich: TikTok ist die am häufigsten heruntergeladene App und das am schnellsten wachsende Social-Media-Unternehmen des letzten Jahres. Die aus China stammende Social Media Plattform ist zur gefürchteten Konkurrenz von Facebook, Instagram und auch YouTube geworden und schafft es nicht nur immer mehr Nutzer zu generieren, sondern auch immer mehr Werbetreibende für sich zu gewinnen.

In den USA werden derzeit sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt TikTok zu verbannen. Der auswärtige Ausschuss im US-Repräsentantenhaus brachte im März 2023 einen Gesetzesentwurf auf den Weg, der es Präsident Joe Biden erlauben würde, Tiktok in den USA zu verbieten. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, kommentierte das so: „Wir haben Bedenken, was das Sammeln von Daten von Amerikanern betrifft und das mögliche Risiko für die nationale Sicherheit“. Und der Vorsitzende des Ausschusses, der republikanische Abgeordnete Michael McCaul, warnte: „Tiktok ist ein modernes trojanische Pferd der Kommunistischen Partei Chinas, das dazu verwendet wird, persönliche Informationen von Amerikanern zu überwachen und auszunutzen!“.

Mir drängt sich allerdings gleich die Frage auf: Wenn TikTok wegen unbefugten Sammeln von Daten seiner Nutzer verboten werden soll, müsste dann nicht auch Facebook, Google & Co. das gleiche Schicksal treffen?

Schauen wir doch mal, was Facebook in den letzten Jahren getrieben hat. Sind die Skandale rund um Facebook etwa alle schon vergessen? Es kam heraus, dass Facebook Daten von Personen speichert, die willentlich nicht bei Facebook angemeldet sind und auch nie angemeldet waren – Daten an die sie durch das Synchronisieren der Handy-Adressbücher ihrer Nutzer kamen. Was ist mit Facebooks „Personalisierter Werbung“, die sämtliche Vorlieben seiner Nutzer speichert? Was ist mit Facebooks Überwachung der privaten Nachrichten seiner Nutzer? Und was ist mit dem Skandal um Facebook und Cambridge Analytica, der vielleicht zur Manipulation von Wählern geführt hat und demokratische Wahlen verfälscht hat – auch schon vergessen? Ist das etwa kein „mögliches Risiko für die nationale Sicherheit“?

Ist ein Verbot die richtige Reaktion?

Verbote auszusprechen scheint so eine einfache und effektive Lösung zu sein. Als freiheitsliebender Mensch halte ich aber nicht so viel von Verboten. Vor allem dann nicht, wenn es nicht alle „Schuldigen“ in gleichem Maße trifft.

An erster Stelle gehört für mich die Aufklärung. Viel mehr Nutzer dieser großen Plattformen sollten folgende Fragen beantworten können: Wie kann ich meine Privatsphäre im Internet besser schützen? Welche Einstellungen kann ich bei Facebook, TikTok und Co. vornehmen, um das Sammeln von Daten zu erschweren? Welche Einstellungen kann ich an meinem Computer und Smartphone vornehmen, um meine Privatsphäre besser zu schützen? Worüber sollte ich nachdenken, bevor ich etwas auf einem sozialen Netzwerk poste? Wie verdienen Unternehmen wie Meta (Firma hinter Facebook und Instagram) oder ByteDance (Firma hinter TikTok) ihr Geld?

Noch immer ist vielen nicht klar, welche Macht solche Plattformen haben. Es geht nicht nur um personalisierte Werbung! Dich stört es vielleicht nicht, dass Du Smoothie-Rezepte gegoogelt hast und kurz darauf Werbung für einen Smoothie Mixer bekommen hast. Vielleicht hast Du Dich sogar gefreut, weil Du genau so einen Mixer gebraucht hast und das Angebot gut war. Ist Dir klar, dass Facebook, Google & Co. durch die Seiten, die Du im Internet besuchst genau weiß, was Du magst? Ist Dir klar, dass diese Unternehmen wahrscheinlich sogar Deine sexuellen Vorlieben kennen? Sie kennen ihre Nutzer so gut, dass sie den ein oder anderen mit dem Wissen wahrscheinlich sogar unter Druck setzen könnten. Politiker zum Beispiel. Und sie kennen Dich so gut, dass sie Dich maßgeschneidert manipulieren können und Dir die Nachrichten, Postings und Videos in die Timeline spülen können, die Dich mit der Zeit in eine bestimmte Denkrichtung „schubsen“. Es geht nicht nur um Werbung.

Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen: wenige große Tech-Firmen wie Google, Meta und eben auch ByteDance sind tausendfach effizienter als es die Stasi je war, speichern unsere Daten und wissen häufig mehr über uns, als unsere engsten Freunde und Familie. Zudem bestimmen sie, was wir im Internet sehen – ob Timeline oder Google-Suchergebnis: das Unternehmen bestimmt, was wir zu sehen bekommen.

Datenkraken, Manipulation & Zensur: Was könnte die Lösung sein?

Die beste Lösung wäre es, alternative soziale Netzwerke und Suchmaschinen ins Leben zu rufen, die Open-Source sind (offener Quellcode) und die keine Daten ihrer Nutzer sammeln.

Es klingt so einfach, leider ist es das aber nicht. Auch bei dieser Lösung stellen sich neue Fragen: Wer sollte diese Plattformen betreiben? Und wie kann verhindert werden, dass es keinen Machtmissbrauch gibt, wenn beispielsweise ein Staat oder die EU solche Plattformen entwerfen? Zudem zeigt die Vergangenheit, dass solche Versuche bisher immer gescheitert sind und die Menschen neue Plattformen nicht genutzt haben und bei Facebook & Co. geblieben sind.

Vielleicht müssen noch größere Skandale aufgedeckt und schlimmere Dinge passieren, dass die Menschen den großen Datenkraken Facebook, Google, TikTok & Co. endlich den Rücken kehren und die Nachfrage nach alternativen Plattformen endlich so groß wird, dass bessere Alternativen entwickelt und auch genutzt werden. Bis dahin sollte sich jeder bewusst sein, wie viel Daten von uns gespeichert werden und mit wie viel Vorsicht wir die gigantischen Internet-Plattformen nutzen sollten, wenn wir sie denn nutzen wollen.

 

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

1 Antwort

  1. Magdalena F. sagt:

    Konzerne wie die von Google, Facebook & Co haben es doch in der Hand, etwas zu entwickeln, was die Tiktok-Idee aufgreift und noch verbessert… aber offensichtlich ist es ihnen bislang nicht gelungen… Genug Geld haben die Konzerne doch und auch genug Marketing-Power. Dennoch gelingt es ihnen nicht… von deutschen Anbietern mal gar nicht zu reden, die waren ja zu doof, Angebote wie StudiVZ oder Xing groß zu machen…

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