Wird das Abitur immer leichter?

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Mein Abitur ist schon eine Weile her. Ich habe 1998 die allgemeine Hochschulreife erworben und würde nicht behaupten, dass das ein Kinderspiel war. Ich habe viel gelesen und gebüffelt und auch sehr viel auswendig gelernt. Schaue ich heute im Familien- und Bekanntenkreis die Gymnasiasten an, bin ich teilweise schon sehr erstaunt, wie wenig die meisten der jetzigen Schüler wissen. Zwischen den heutigen Abiturienten und meiner Abizeit liegen knapp zwanzig Jahre. Und nicht selten habe ich mich gefragt, ob ich mich denn so vertue, wenn ich denke, dass mein damaliger Jahrgang wesentlich mehr wusste als die Jugendlichen heute. Gerade wenn ich ab und zu mal bei Hausarbeiten oder vor dem Lernen einer Klausur um Hilfe gefragt werde, habe ich sehr oft das Gefühl, dass der Anspruch an deutschen Gymnasien extrem gesunken ist. Aber das ist natürlich ein rein subjektives Empfinden. Vielleicht kommt es mir auch nur so vor.

Abitur – Das hat sich verändert

Doch anscheinend bin ich nicht alleine mit dieser Einschätzung. Auch der deutsche Literaturwissenschaftler und Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Peter-André Alt klagt über massive Wissenslücken bei Abiturienten.

„Die Studienanfänger erfüllen die Voraussetzungen deutlich schlechter als früher.“

erklärte Alt der Presse. Die Abiturienten könnten schlechter rechnen und lesen wollten viele auch nicht mehr. Und er macht deutlich, dass mit dem heutigen Abitur keineswegs die Voraussetzungen für das Studium erfüllt sind, auch wenn die „Hochschulreife“ dies eigentlich bescheinigt.

Das sagen die Zahlen

Vielleicht hilft ein Blick auf die Zahlen. Während in den 1990er Jahren noch rund 35% der Schüler das Abitur ablegten, sind es 2017 ganze 51%. Das Abitur ist inzwischen ein Abschluss der Massen. Doch nicht nur die Anzahl der Abiturienten ist deutlich gewachsen, auch immer mehr Schüler und Schülerinnen schaffen ein Einser-Abi. Fast jeder vierte Abiturient hatte 2017 eine Eins vor dem Komma stehen. Der Deutsche Philologenverband hat dies längst im Blick und spricht die Sorge deutlich aus: „Was ist das Abitur noch wert, wenn so viele Schüler so gute Noten bekommen?“. Auch die Deutsche Mathematiker-Vereinigung schließt sich dieser Meinung an. In ihrem Aufsatz „Die Hamburger Abituraufgaben im Fach Mathematik, Entwicklung von 2005 bis 2013“ zeigen die Wissenschaftler, dass die Abiturprüfung in der Hansestadt deutlich leichter geworden sei. Die Aufgaben seien leichter geworden, es gäbe nur noch zwei statt drei Aufgaben zu bearbeiten, die zur Verfügung stehende Zeit sei aber dieselbe. Außerdem sei die minimal erforderliche Punktzahl einfacher zu schaffen. Die Politik setze auf Quantität statt Qualität, sagt der Stuttgarter Mathematiker Wolfgang Kühnel. „Keiner traut sich mehr, anspruchsvolle Aufgaben zu stellen.“ Man fürchte den Protest der Eltern und hohe Durchfallquoten.

Eines ist klar: je mehr Schulabgänger das Abitur bestehen und je leichter gute Abitursnoten zu erreichen sind, desto mehr sinkt der Wert des Abiturs. Gleichzeitig wird es für Schüler mit Real- und Hauptschulabschluss immer schwerer. Hatte im Jahr 2009 nur jeder fünfte Auszubildende ein Abi-Zeugnis in der Tasche, waren es im Jahre 2017 mehr als 29 Prozent aller Azubis. In vielen Ausbildungsberufen ist ein Abitur so gerne gesehen, dass Bewerber mit Realschulabschluss es sehr schwer haben und wirklich hervorragende Noten aufweisen müssen, um genommen zu werden.

Abi ’98 – lang ist’s her!

Letztes Jahr im Herbst hatten wir Jahrgangstreffen. Leider konnte ich nicht dabei sein, weil ich inzwischen in Spanien lebe und für ein Klassentreffen nicht mal eben nach Deutschland fliegen kann. Mir wurden aber Bilder geschickt, darunter auch Fotos aus unserer Abi-Zeitung. Das erinnerte mich daran, welchen Berufswunsch ich hatte und wie ich mir die Zukunft damals vorstellte. Soviel kann ich sagen: Ich bin weder Journalistin noch Schriftstellerin geworden. Aber sehr glücklich als Inhaberin einer Werbeagentur, Ausgewanderte und Bloggerin.

Auch in diesem Jahr werden viele Jugendliche ihre Abizeitung drucken und darin Wünsche und Zukunftspläne festhalten. Ich wünsche allen Abiturienten, dass Sie Ihren Weg gehen und glücklich werden. Und vergesst nicht: nicht jeder Abiturient findet sein Glück und seine Berufung in einem Studium. Es ist wichtig einen Beruf zu finden, der einem liegt, mit einer Tätigkeit, in der man gut ist und die man gerne tut. Das Abiturzeugnis ist nur ein Stück Papier! Nutzt Euer erlerntes Wissen und Euer Herz, um den Weg zu finden, der Euch glücklich macht!

 

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

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