„Wenn wir in Deutschland nicht ganz schnell die Kurve kriegen, dann schaffen wir uns wirtschaftlich ab“
Ein Weckruf von Constantin Buschmann
Ich höre gerne Podcasts, sie sind fester Bestandteil meines Alltags. Ob beim Kochen, Aufräumen oder unter der Dusche: meistens läuft eine Podcastfolge nebenher, der ich gespannt lausche. Mein Geschmack ist breit gefächert – von politischen Kommentaren über Business-Themen bis hin zu reiner Unterhaltung ist alles dabei.
Am liebsten höre ich allerdings lange und intensive Interviews mit spannenden Persönlichkeiten. Diese Gespräche erweitern den Horizont, inspirieren mich und geben oft wertvolle Impulse. Besonders gerne höre ich Interviews bei Hotel Matze und {ungeskriptet} – zwei Podcasts, die ich wirklich sehr mag.
Vor ein paar Tagen habe ich mal wieder eine neue Folge von {ungeskriptet} gehört. Constantin Buschmann, Geschäftsführer von Brabus, war zu Gast. Und während ich gerade aus der Dusche stieg, kam plötzlich ein Satz, der mich aufhorchen ließ:
„Wenn wir in Deutschland nicht ganz schnell die Kurve kriegen, dann schaffen wir uns wirtschaftlich ab.“
Dieser Satz war weder provokant, noch enthielt er eine für mich eine wirklich neue Information. Aber diese Aussage so klar und öffentlich von einem großen und erfolgreichen deutschen Unternehmer zu hören, das hat mich überrascht.
Buschmann fuhr fort:
„Also wenn wir in Deutschland nicht wirklich schnellstmöglich verstehen, dass wir unsere Energie und Zeit mit Themen verschwenden, die uns im globalen Wettbewerb nicht einen Millimeter weiterbringen, dann sehe ich zappenduster. Deutschland wird als Standort für Industrie gerade mit jedem Tag schlechter. Mit jedem Tag. Das sieht man an Kapitalabflüssen. Man sieht es an der Unzufriedenheit, die ich bei diversen Unternehmern erlebe, überhaupt nicht nur aus dem Automobilsektor. Aus irgendeinem Grund haben wir in Deutschland beschlossen, dass Leistung, wirtschaftliches Wachstum und der Vorwärtsgang eine schlechte Idee sind. Und das ist das Schädlichste, was wir unserem Land, unserem Wohlstand, unseren Kindern antun können. Weil wir uns konsequent gegenüber den Ländern, die mit sehr klarer Strategie einen sehr klaren Vorwärtsgang einlegen, ins Abseits managen.“
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Wer ist Constantin Buschmann?
Wer den Namen nicht gleich zuordnen kann: Constantin Buschmann ist Geschäftsführer von Brabus, dem renommierten Bottroper Unternehmen, das für seine exklusiven Fahrzeugumbauten bekannt ist. Seit dem plötzlichen Tod seines Vaters Bodo Buschmann im Jahr 2018 führt er das Unternehmen in zweiter Generation. Unter seiner Leitung hat Brabus nicht nur sein Portfolio erweitert, sondern sich auch als unabhängiger Hersteller etabliert. Diese Erfolge kommen nicht von ungefähr. Buschmann kennt den harten Wettbewerb auf dem Weltmarkt genau und er weiß, was es heute braucht, damit ein Unternehmen nicht nur durchhält, sondern wirklich erfolgreich ist.
Wenn jemand wie Buschmann, der täglich mit den Herausforderungen des internationalen Marktes konfrontiert ist, warnt, dass Deutschland sich wirtschaftlich abseits manövrieren könnte, dann sollten wir alle, und besonders die Verantwortlichen in der Politik, aufmerksam zuhören. Er spricht nicht aus der Theorie heraus, sondern aus der Praxis.
Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit
Constantin Buschmanns Warnung ist durch aktuelle Daten untermauert: Deutschland hat in den letzten Jahren erheblich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Im IMD World Competitiveness Ranking fiel Deutschland von Platz 6 im Jahr 2014 auf Platz 24 im Jahr 2024 – ein dramatischer Absturz, der auf hohe Steuerbelastungen, überbordende Bürokratie und mangelnde Flexibilität zurückgeführt wird.
Ein weiteres Alarmsignal ist der massive Kapitalabfluss: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verzeichnete Deutschland 2023 Netto-Direktinvestitionsabflüsse in Höhe von rund 94 Milliarden Euro, der dritthöchste Wert seit 1971. Deutsche Unternehmen investieren zunehmend im Ausland, insbesondere in EU-Ländern wie den Benelux-Staaten und Frankreich, während ausländische Investitionen in Deutschland auf einem Tiefstand sind.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Stimmung der Unternehmen wider: In der Herbstumfrage 2023 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gaben 51 % der befragten Unternehmen an, dass die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko darstellen, ein Anstieg gegenüber 43 % im Frühsommer desselben Jahres.
Unzufriedenheit im Mittelstand
Buschmann spricht von einer „Unzufriedenheit bei Unternehmern, nicht nur aus dem Automobilsektor“. Diese Unzufriedenheit ist längst keine Randerscheinung mehr. Laut einer Studie von PwC und Strategy& aus dem Jahr 2024 halten nur noch 55 % der Führungskräfte im energieintensiven Mittelstand Deutschland für einen zukunftsfähigen Standort. Hauptgründe sind hohe Energie- und Rohstoffkosten, Fachkräftemangel sowie übermäßige Bürokratie. So ist es nicht verwunderlich, dass der Investitionsfokus, auch trotz anhaltend chronischer Investitionsschwäche, für 30 Prozent der Unternehmen in den nächsten fünf Jahren außerhalb Deutschlands liegt.
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) berichtet, dass mehr als 84 % der mittelständischen Unternehmen eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland in den letzten 12 Monaten festgestellt haben. Zudem gaben rund 43 % an, dass sich die Lage ihres eigenen Unternehmens im letzten Jahr verschlechtert habe.
Warum schreibe ich einen ganzen Beitrag zu diesem Zitat von Buschmann?
Constantin Buschmann hat mit seinen Aussagen einen wichtigen Punkt angesprochen: Wenn in Deutschland die richtigen Maßnahmen zur Förderung von Innovation und Unternehmertum ausbleiben, wird das Land im globalen Wettbewerb weiter zurückfallen. Die Zahlen und Fakten, die seine Aussagen stützen, zeigen deutlich, dass die wirtschaftliche Lage nicht rosig ist. Seine Worte sind kein Alarmismus, sondern eine Beobachtung, die sich mit den Erfahrungen vieler Unternehmer deckt. In meinem Job spreche ich täglich mit Unternehmern aus Deutschland und kann nur bestätigen, dass viele Mittelständler die Situation in Deutschland mit Sorge sehen. Und es gibt auch einige, die darüber nachdenken Deutschland zu verlassen.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen zeigen sich inzwischen fast überall, quer durch alle Schlüsselbranchen.
- In der Automobilindustrie ist der Druck hoch: Hersteller und Zulieferer kämpfen mit steigenden Energiepreisen, strengen Umweltauflagen und der stockenden Transformation hin zur Elektromobilität. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist 2024 deutlich eingebrochen, unter anderem wegen des Wegfalls staatlicher Kaufprämien, hoher Anschaffungskosten und einer nach wie vor unzureichenden Ladeinfrastruktur. Diese Entwicklung bremst Investitionen und sorgt für Verunsicherung in einer Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft.
- Auch in der Chemieindustrie ist die Lage angespannt. Immer häufiger werden Produktionsanlagen heruntergefahren oder ganz stillgelegt. BASF etwa hat bereits mehrere Werke in Deutschland geschlossen oder verkleinert. Gründe sind die im internationalen Vergleich extrem hohen Energiepreise sowie strikte Umwelt- und Sicherheitsvorgaben. Gleichzeitig wächst der Wettbewerbsdruck durch Anbieter aus den USA und China, wo Unternehmen unter günstigeren Bedingungen produzieren können.
- Der Einzelhandel steht ebenfalls unter Druck. Inflation, Kaufzurückhaltung und steigende Betriebskosten bringen viele kleinere Betriebe an ihre Belastungsgrenze. Immer mehr Läden schließen, und auch große Handelsketten verzeichnen deutliche Umsatzeinbußen. Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher belastet die Branche flächendeckend.
Und über all dem liegt die Inflation, die nicht nur Verbraucher belastet, sondern auch Unternehmen in ihrer Planung lähmt. Ob Strom, Gas oder Rohstoffe – die gestiegenen Energiepreise wirken wie ein permanenter Bremsklotz für Wachstum und Investitionen.
Wenn erfolgreiche Unternehmer wie Buschmann so deutlich eine Warnung aussprechen, lohnt es sich, genauer hinzuhören.
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