Internet-People und Digital Visitors – wer tummelt sich da im World Wide Web?

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Ob in Zeitungsartikeln, Blogs oder Fernseh-Talkshows – bei Diskussionen und Diskursen zum Thema Internet wird immer wieder gerne von zwei verschiedenen Nutzer-Gruppen gesprochen. Zum einen die „Internetfreaks“, die das WWW wie ihre Westentasche kennen und zum anderen die Einsteiger, die das Internet nicht so häufig oder nur sehr eingeschränkt nutzen. Aber gibt es diese Nutzergruppen denn tatsächlich und lassen sich die Internetuser so einfach einordnen? Und welche Namen und Begriffe werden den beiden Nutzergruppen sinnvollerweise bzw. unberechtigter Weise zugewiesen?

Onliner und Offliner

Sehr beliebt ist die Aufteilung der Internetnutzer in „Onliner“ und „Offliner“. Gerade die jüngeren Internetnutzer benutzen diese Begriffe gerne und haben bei dem Wort „Offliner“ häufig ihre Eltern und Lehrer im Sinn, die das Internet hauptsächlich für den Versand von E-Mails nutzen und die jüngere Generation stets ermahnen, dass sie nicht so viel Zeit im Netz verbringen sollen. Das schlage sich schließlich negativ auf die soziale Kompetenz, die Intelligenz und das Körpergewicht aus.
Auch wenn ich den Frust vieler Jugendlichen verstehen kann, die sich von den meisten Erwachsenen unverstanden fühlen und sich wünschen, dass diese sich intensiver mit dem Internet beschäftigen würden, um auch die vielen positiven Seiten des Netzes kennenzulernen und ihre Vorurteile abzubauen, ist die Einteilung in Onliner und Offliner doch sehr unpräzise. Schließlich ist die deutliche Mehrheit der Deutschen inzwischen online, nur die Nutzung der Internetangebote und die Nutzungsdauer fallen von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich aus.

Digital Natives und Digital Immigrants

In den letzten Jahren wurde häufig von den Digital Natives (engl.: digitale Eingeborene) und den Digital Immigrants (engl.: digitaler Einwanderer) gesprochen. Als Digital Natives werden die Menschen bezeichnet, die mit dem Internet, mit Computern und Smartphones aufgewachsen sind und wie selbstverständlich mit den neuen Technologien umgehen. Ihnen gegenüber stehen die Digital Immigrants, die erst im Erwachsenenalter mit den neuen Technologien des digitalen Zeitalters in Berührung gekommen sind und sich deshalb mit Internet und Computern schwerer tun.
Ich halte es für sehr problematisch, Internetnutzer auf Grundlage ihres Alters zu kategorisieren. Schließlich gibt es auch viele ältere User, die aufgrund ihres Alters zwar der Digital-Immigrant-Generation angehören, die aber genauso selbstverständlich und erfahren mit den neuen Medien umgehen, wie Menschen aus der Digital-Natives-Generation. Es wäre demnach sinnvoller, den Digital Native über die Art und Weise des Umgangs mit den neuen Technologien und dem Internet zu definieren statt über das Alter.

Internet People

Um die umstrittenen Begrifflichkeiten zu umgehen, werden Menschen, die sich sehr gut im Internet auskennen, auch gerne als Internet People (engl.: Internetleute) bezeichnet. Mir gefällt dieser Begriff gut und ich nutze ihn auch immer wieder gerne, dennoch muss ich zugeben, dass er natürlich sehr schwammig und ungenau ist. Schließlich können mit Internetleuten auch alle Personen gemeint sein, die sich gerade im Internet aufhalten.

Digital Visitors und Digital Residents

Eine weitere und wesentlich modernere Einteilung der Internetnutzer ist die der Digital Visitors (engl.: digitale Besucher) und Digital Residents (digitale Einwohner). Hierbei steht die Art der Nutzung im Vordergrund. Während der Digital Visitor das Internet nur als Werkzeug wahrnimmt, sieht der Digital Resident das World Wide Web als Lebensraum an.

Sind Kategorisierungen notwendig?

Wäre es nicht besser, die Kategorisierung von Internetnutzern möglichst zu vermeiden statt nach besseren Begrifflichkeiten zu suchen? Sollte es nicht viel mehr unser aller Ziel sein, die Gräben zwischen den verschiedenen Nutzergruppen zu verkleinern statt sie mit Kategorisierungen, Hohn und Spott zu vergrößern?

Liebe „Digital Residents“: Statt über die Internet-User zu schimpfen und zu lachen, weil diese nur einen kleinen Teil des Internets kennen und dem Medium mit Skepsis gegenüberstehen, sollten wir ihnen mit Respekt begegnen, unser Wissen teilen und ihnen das Internet näher bringen. Und wir sollten neben unserer Euphorie über die fantastischen Möglichkeiten des Internets auch die Nachteile und Gefahren ernster nehmen und somit eine respektvolle, konstruktive Debatte zu den Themen Datenschutz, Urheberrecht, Jugendschutz etc. ermöglichen.

Liebe Digital Visitors: Auch wenn Ihr nur einen kleinen Teil des Internets nutzt und Eure Online-Zeit hauptsächlich mit E-Mails, Facebook und Online-Shopping verbringt, heißt das nicht, dass Ihr die vielen anderen Angebote des Internets nicht kennenlernen könnt. Lasst Euch von den vielen Möglichkeiten des Netz begeistern und habt keine Angst davor neue Sachen auszuprobieren und Euch tolle Webseiten und Online-Dienste zeigen zu lassen. Ja, es gibt Gefahren im Internet, aber es gibt auch viele gute Lösungen die Risiken im Internet zu verringern oder sogar ganz zu vermeiden. Wenn Ihr das Internet besser kennenlernt, werdet Ihr Euch eine wesentlich differenziertere und umfassendere Meinung bilden können, Euren Horizont erweitern, tolle Sachen entdecken, die Euch den Alltag vereinfachen und zu Themen der Netzpolitik besser Stellung beziehen können.

Liebe Internettler (ja, ich meine Euch ALLE): wie oft und intensiv wir das Internet nutzen oder wie weit unsere Kenntnisse des World Wide Web reichen – wir alle sind Teil des Internets und sollten uns mit Respekt und Verständnis begegnen. Das Internet ist Teil unseres Alltags geworden. Für eine bessere Netzpolitik und Medienkompetenz, die wir uns alle wünschen, ist es wichtig, dass die verschiedenen User-Gruppen keine verhärteten Fronten bilden, sondern dass wir über Probleme und Risiken, die das Web mitbringt, konstruktiv diskutieren und gemeinsam Lösungen finden. Geht aufeinander zu und nehmt die Ansichten und Emotionen des Anderen ernst – nur so können wir in den Bereichen Netzpolitik und Medienkompetenz positive Entwicklungen erreichen von denen wir letztendlich alle profitieren werden.

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

1 Antwort

  1. 8. Oktober 2013

    […] denn endlich mal gen Türkei fliegen und 7 Tage offline sein. Erfahrungsbericht wie ein Leben eines Digital Natives ohne Internet funktioniert wird dann […]

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