Wird TikTok in den USA jetzt tatsächlich verboten?

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Das weltweit beliebte soziale Netzwerk TikTok ist den US-Amerikanern schön seit längerem ein Dorn im Auge. Schon Donald Trump tönte damals laut, dass Tiktok in den USA verboten gehört. Nun unternimmt der US-Kongress einen neuen Versuch, TikTok zu verbieten. Das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat aktuell für ein Gesetz gestimmt, das für die Verbannung notwendig ist. Die Begründung: Tiktok teile womöglich Daten mit der chinesischen Regierung und greife manipulativ in den US-Wahlkampf und in demokratische Prozesse ein. Zudem sei TikTok eine Gefahr die psychische Gesundheit vieler Teenager.

Dieser Gesetzesentwurf würde es chinesischen Investoren untersagen, einen Anteil von über 20 Prozent an großen Social-Media-Plattformen in den USA zu halten. Tritt dieses Gesetz in Kraft, hat das chinesische Unternehmen ByteDance (Entwickler von TikTok) nur noch zwei Möglichkeiten: entweder es verkauft das US-Geschäft von TikTok oder es muss sich aus den USA zurückziehen.

Ist TikTok wirklich so gefährlich?

Schauen wir uns die Vorwürfe gegen TikTok einmal genauer an.

Vorwurf 1: TikTok sammelt Nutzerdaten, die es der Kommunistischen Partei Chinas ermöglichen, US-amerikanische Staatsbürger auszuspionieren.
Bytedance-Chef Shou Zi Chew versicherte in einem Brief an US-Senatoren, dass sein Unternehmen keine Informationen mit der chinesischen Regierung teile. Er verwies außerdem darauf, dass die Daten von US-Bürgern künftig nur noch in den USA gespeichert werden sollen und, dass TikTok sich zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren befinde. Ob das den Vorwurf entkräftet, sei dahingestellt. Doch spätestens seit Edward Snowden wissen wir, dass unsere Daten niemals sicher sind und dass keineswegs nur TikTok eine Gefahr für den Missbrauch unserer Daten darstellt. Die NSA, der Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten, ist die größte Überwachungsmaschinerie der Welt und verfügt mittlerweile über riesige Datenbanken voller Informationen zu Bürgern auf der ganzen Welt.

Vorwurf 2: TikTok greift manipulativ in den US-Wahlkampf und in demokratische Prozesse ein.
Darf ich an den Skandal um Facebook und Cambridge Analytica erinnern? War es nicht Cambridge Analytica, das sich unrechtmäßig persönliche Daten von zig Millionen Facebook-Nutzern beschafft hat, um Wähler mit zielgerichteten Botschaften zu manipulieren? Und was waren die Konsequenzen dieses Skandals? Die Facebook-Mutterfirma Meta hat fünf Milliarden Dollar Strafe gezahlt und noch ein paar Millionen aufgrund einer Sammelklage und damit war das Thema dann erledigt – trotz der Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahl! TikTok wird nun Wahl-Manipulation vorgeworfen, ohne dass es dafür Beweise gibt, aber die Plattform soll direkt in den USA verboten werden?

Vorwurf 3: TikTok ist eine Gefahr für die psychische Gesundheit vieler Teenager.
Sind nicht alle sozialen Netzwerke eine Gefahr für Kinder und Jugendliche? Sollten sich Eltern und Lehrer nicht generell mehr diesem Thema widmen und Lösungen ausarbeiten, um unsere Jüngsten besser zu schützen? Ist ein Verbot von allen Social Media Plattformen tatsächlich die beste Lösung? Das Verbot nur einer dieser Plattformen ist auf jeden Fall ungerecht.

Mein Fazit: Alle Vorwürfe sind erst einmal berechtigt. Aber sie treffen nicht nur TikTok, sondern alle großen Internet-Firmen, allen voran Meta und Google. Ich selbst möchte in keinem Land leben, das mich als Bürger bevormundet und mich mit zahlreichen Verboten zu schützen versucht. Ich möchte in einem möglichst freien Land leben und glaube daran, dass es andere, bessere Lösungen gibt als Verbote und Strafen an allen Ecken.
Doch mir drängt sich der Verdacht auf, dass es gar nicht um die genannten Vorwürfe geht. Es ist nur so eine Ahnung, aber vielleicht stört es die amerikanische Regierung auch einfach, dass TikTok so mächtig ist und sie so wenig Einfluss nehmen können. Das Zensieren und der Shadowban sind ein beliebtes Werkzeug und beides wird von den großen Firmen im Silikon Valley im großen Stil betrieben – vor allem auch aufgrund von Gesetzen, die mit schwammigen Begriffen wie „Hassrede“ und „Desinformation“ den Plattformen mit drakonischen Strafen drohen. TikTok arbeitet zwar auch mit solchen Mitteln, ist aber keine amerikanische Plattform und richtet sich nach anderen Kriterien.

Wie wahrscheinlich ist es, dass das Gesetz beschlossen und TikTok in den USA verboten wird?

Nun geht die Gesetzesvorlage an den US-Senat, wo die Positionen allerdings noch unklar sind. Einige Senatoren haben sich gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen, einige dafür. US-Präsident Joe Biden machte bereits deutlich, dass er das Gesetz unterzeichnen würde, auch wenn er weiß, dass das Gesetz die Gerichte wahrscheinlich für viele Jahre beschäftigen dürfte, da es durch die in der US-Verfassung verankerten Redefreiheit angreifbar sein könnte. Sollte es so weit kommen, dass der US-Senat zustimmt und Joe Biden das Gesetz unterschreibt, dann müssten Apple, Google und Co. die TikTok-App aus den App Stores nehmen. Doch nicht nur das: auch Provider werden die Adressen zu TikTok dann wahrscheinlich komplett in den USA sperren.

Überraschenderweise äußerte sich auch Donald Trump zu TikTok und seine Aussage überraschte viele. Er behauptete, dass er TikTok nie verbieten wollte und auch jetzt gegen ein Verbot sei. „Ohne Tiktok wird Facebook größer werden und ich halte Facebook für einen Volksfeind!“, sagte Ex-Präsident und Präsidentschaftsbewerber Trump vor wenigen Tagen. Facebook sei „Nutznießer“ eines Tiktok-Verbotes, betonte er. „Es gibt eine Menge junger Leute, die ohne Tiktok verrückt werden“, sagte er außerdem und fügte hinzu: „Es gibt viel Gutes und viel Schlechtes mit Tiktok“.

Wie hat TikTok auf den Gesetzesentwurf reagiert?

TikTok selbst hat in Amerika eine Kampagne gestartet und forderte amerikanische Nutzer dazu auf, sich gegen das Vorhaben einsetzen: „Lass den Kongress wissen, was Tiktok für dich bedeutet, und sag ihnen, dass sie mit NEIN stimmen sollen.“, lautete der Hinweis, der in der TikTok-App erschien. Dieser Aufforderung kamen auch tausend User nach. Allerdings bestärkten die Anrufe und E-Mails vieler TikTok-Nutzer die meisten Abgeordneten nur in ihrer Meinung. Die orchestrierte Anruf-Kampagne habe das manipulative Potenzial von Tiktok gezeigt, kommentierte die republikanische Ausschussvorsitzende Cathy McMorris Rodgers die Situation.

TikTok-Chef Shou Zi Chew war vor der Abstimmung nach Washington gereist und hatte dort versucht, in letzter Minute die Verabschiedung des Entwurfs zu verhindern – vergeblich.

Gibt es schon Kaufinteressenten?

Auch wenn das chinesische Unternehmen Bytedance bisher keinerlei Interesse an einem Verkauf seines Geschäftes zeigt, gibt es bereits Interessenten. So bekundet zum Beispiel Rumble Interesse an TikTok. Das kanadische Videoportal mit Hauptsitz in Totonto würde gerne einem Konsortium mit anderen Parteien beitreten, die TikTok in den USA erwerben und betreiben wollen – vorausgesetzt Bytedance sei dazu bereit. Rumble gilt als YouTube-Konkurrenz, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, die freie Meinungsäußerung zu unterstützen, Zensur strikt abzulehnen und somit der sogenannten „Cancel Culture“ entgegenzutreten.

Auch Bobby Kotick hat sein Interesse bekundet. Er ist ein ein US-amerikanischer Unternehmer und Manager und bis vor kurzem war er noch CEO und Präsident des Computerspiele-Unternehmens Activision Blizzard, das für Spiele wie Warcraft, Diablo, Call of Duty oder Candy Crush bekannt ist. Die Firma hat der Milliardär mit einer riesigen Abfindung verlassen. Die Spiele-Community ist allerdings nicht gut auf ihn zu sprechen und wirft ihm seit Jahren vor weniger an die Computerspiele und deren Entwicklung zu denken, sondern nur seinen finanziellen Vorteil im Auge zu haben. Es gibt zahlreiche „Bobby braucht eine neue Yacht“-Memes im Internet, denn Yachten sind anscheinend seine wirkliche Leidenschaft. Er besitzt bereits mehrere Yachten (wenn auch nicht die teuerste Yacht der Welt, die gehört dem Oligarchen und Milliardär Roman Abramovich) . Doch statt neuer Yachten möchte Kotick anscheinend Tiktok kaufen – am liebsten gemeinsam mit ChatGPT-Hersteller OpenAI. Er alleine ist wohl nicht vermögend genug, TikTok ein Angebot zu machen.

 

Es bleibt spannend, wie es mit TikTok in den USA nun weitergehen wird.

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

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