Das freie Internet ist in Gefahr

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Erschreckend, aber wahr: die Europäische Kommission und 22 Mitgliedstaaten der EU haben gestern in Tokio das ACTA-Abkommen unterschrieben, wie das japanische Außenministerium mitteilte. Es ist davon auszugehen, dass die noch fehlenden EU-Staaten, darunter auch Deutschland, sich anschließen werden und das Abkommen demnächst auch noch unterschreiben werden.

Die letzte Hoffnung: das Europaparlament und die nationalen Parlamente. Diese müssen das ACTA-Abkommen noch ratifizierten bevor es gültig wird, sprich: sie müssen noch ihre Zustimmung geben. Das ist die letzte Chance ACTA abzuwehren.

Weshalb ist ACTA eine Gefahr für das freie Internet?

ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement; engl.: Handelsabkommen zur Bekämpfung von Fälschungen) ist ein Abkommen mehrerer Staaten, die gemeinsame, internationale Standards festlegen wollen, um Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden.

Die Idee, etwas gegen Produkt- und Copyright-Piraten im Internet zu unternehmen, ist grundsätzlich natürlich nicht falsch. Wie in allen Bereichen unseres Lebens gibt es auch im Internet Kriminalität, gegen die man vorgehen muss. Doch die Lösungsstrategien, die das ACTA-Abkommen vorsieht, sind absolut inakzeptabel, denn sie verstoßen gegen Grund- und Menschenrechte. Auch die Art und Weise, in der das ACTA-Abkommen ausgehandelt wurde, basiert keineswegs auf demokratischen Prinzipien: es wurde geheim und unter Ausschluss der meisten Entwicklungsländer verhandelt.

Überwachung (Foto: retrorebeldesign/Flickr)

Überwachung (Foto: retrorebeldesign/Flickr)

Gefahr für den Datenschutz

ACTA möchte Internet-Provider verantwortlich für die Inhalte ihrer Nutzer machen und drängt sie somit zur Überwachung ihrer Netzwerke und zur Offenlegung persönlicher Daten von angeblichen Rechteverletzern. Was bedeutet das? Internet-Provider, wie beispielsweise die Telekom oder 1&1, sollen mit Hilfe von ACTA zu einer Art „Big Brother“ werden, der die eigenen Kunden ausspioniert und diese für Urheberrechtsverletzungen direkt bestraft. Die Motivation für die Internet-Provider, den großen Bruder zu spielen, wird folgende sein: sie wollen nicht selbst für mögliche kriminelle Handlungen ihrer Kunden haften müssen. Die Privatsphäre der Nutzer würde durch diese Eingriffe massiv verletzt.

Gefahr für die Meinungsfreiheit

ACTA legt die Regulierung der Meinungsfreiheit in die Hände privater Unternehmen, wie zum Beispiel der Internet-Provider. Diese sollen Inhalte überwachen, die Internet-User produzieren und konsumieren. Bei mehrmaligem Verstoß gegen das Urheberrecht würde der Internetzugang gesperrt werden. Die Meinungsfreiheit würde damit natürlich grob verletzt.

Gefahr für den Online-Handel

Wenn die EU das ACTA-Abkommen als rechtlich bindenden Vertrag akzeptiert, bedeutet das für die USA einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der EU, denn die Vereinigten Staates haben bereits deutlich gemacht, dass sie das ACTA- Abkommen nur als unverbindliche Vereinbarung betrachten. Zudem werden kleine Firmen unter ACTA leiden, denn wenn den Internet-Anbietern rechtliche Verantwortlichkeiten auferlegt werden, werden kleinere Internet-Firmen kaum die Kapazitäten aufbringen können, um die rechtlichen Anforderungen erfüllen zu können. Ein klarer Vorteil für größere Firmen!

 

All rights reserved (Bild: hikingartist.com)

All rights reserved (Bild: hikingartist.com)

 

Gefahr für die Kultur im Netz

Wird das Urheberrecht im Internet verschärft, bedeutet das eine Einschränkung der Kreativität. Denn beispielsweise youTube-Videos, in denen Teenager Karaoke zu aktuellen Charts singen, wären dann nicht mehr denkbar. Auch jeder Blogger müsste Angst davor haben aufgrund von Zitaten oder Bildern, die er ohne böse Absicht veröffentlicht, mit hohen Geldstrafen oder einer Webseitensperrung seitens der Provider bestraft zu werden. Internet-User würden für geringfügige Vergehen kriminalisiert werden. Es ist davon auszugehen, dass ACTA viele User davon abhalten wird, im Internet kreativ zu sein: aus Angst vor hohen Strafen für eine unabsichtliche Verletzung des Urheberrechts.

Die Zukunft des Internets

Wie würde das Internet aussehen, wenn ACTA in Kraft tritt? Internet-Provider würden in die Rolle einer Privat-Polizei mit Big-Brother-Charakter gedrängt. Viele Blogs und private Webseiten würden aus Angst wahrscheinlich offline gehen. Plattformen, wie Wikipedia oder youTube, müssten mit hohen Geldstrafen oder einer Webseitensperrung rechnen und würden wahrscheinlich früher oder später offline gehen. Und jeder Internet-Nutzer würde kontrolliert und ausspioniert werden. Ein Alptraum…

Deshalb mein Aufruf an das Europäische Parlament:

Setzen Sie sich für unsere Bürgerrechte ein! Stimmen Sie im bevorstehenden ACTA-Genehmigungsverfahren mit NEIN!

Was kannst Du gegen ACTA tun?

Zunächst: verhindere die Geheimniskrämerei der ACTA-Verantwortlichen und schaffe Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema. Erzähle allen Deinen Freunden und Bekannten, was ACTA ist und was es für uns EU-Bürger bedeutet. Teile diesen Artikel auf Facebook, Twitter oder Google Plus. Oder blogge darüber, wenn Du ein eigenes Blog hast.

Du kannst auch Organisationen unterstützen, die gegen ACTA kämpfen. Es gibt viele engagierte Vereine und Organisationen, die im Kampf gegen ACTA aktiv sind. Dazu gehören unter anderem: die Digitale Gesellschaft, EDRi, La Quadrature du Net, Bits Of Freedom und Ärzte ohne Grenzen.

Fordere die Europaabgeordneten dazu auf gegen ACTA zu stimmen! Schreibe Ihnen E-Mails oder rufe sie an.

Unterschreibe eine Petition gegen ACTA.

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

3 Antworten

  1. 23. Februar 2012

    […] Nicht nur der Politik, auch Konzernen wird nachgesagt, das freie Netz töten und uns lieber einen Ausschnitt davon zeigen zu wollen. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass wir das noch rechtzeitig […]

  2. 19. März 2012

    […] Du Dich als BloggerIn von Gesetzesentwürfen wie ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement; engl.: Handelsabkommen zur Bekämpfung von Fälschungen) […]

  3. 23. März 2012

    […] vielen illegalen Downloads von Musik und Filmen sind ein Problem. Aber die Menschen, die z.B. gegen ACTA auf die Strasse gegangen sind, sind KEINE Befürworter von illegalen Downloads! Das Urheberrecht […]

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