Hat das Zeitungssterben begonnen?

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Die überregionale Tageszeitung Frankfurter Rundschau hat Insolvenz angemeldet. Die Financial Times Deutschland soll eingestellt werden. Und das Stadtmagazin Prinz wird es künftig nur noch online zu lesen geben. Der Beginn des Zeitungssterben in Deutschland?

Wie konnte es nur dazu kommen, dass solch namhafte Zeitungen in Deutschland pleite gehen?

Der Hauptverdächtige: das Internet und die sogenannte Kostenloskultur. Die ehemaligen Leser kehren den namhaften Zeitungen den Rücken, weil sie im Netz alles kostenlos lesen können. Und sie wissen den Qualitätsjournalismus der traditionsreichen Zeitungen nicht zu schätzen. Dabei wissen doch nur die großen Medien, wie guter, hochwertiger Journalismus funktioniert.

„Wie kann hochklassiger, um profunde Analyse und Recherche bemühter Journalismus, wie kann die freie Berichterstattung aus aller Welt, wie die kritische Wächterfunktion künftig finanziert werden? Mit einer Kostenlos-Kultur geht es nicht.“
(Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur „Die Zeit“)

Wie kann Qualitätsjournalismus finanziert werden?

Geht das wirklich nur, wenn die Leser Abonnements für Print-Zeitungen oder iPad-Ausgaben kaufen?

Es gibt eine Alternative zu den klassischen Medien, die bereits jetzt zeigt, dass es auch einen anderen Weg gibt: die Blogs. Hier werden hochwertige journalistische Texte geboten, die für den Leser kostenlos sind. Und dennoch müssen die Blogger nicht zwingend auf einen Lohn für Ihre Arbeit verzichten. Manche finanzieren sich durch eingebundene Werbung auf Ihren Blogs, manche erhalten freiwillige Geldbeiträge über Ihre Leser (z.B. Durch den Micro-Payment-Dienst Flattr) und andere wiederum profitieren von der Aufmerksamkeit, die sie durch Ihren Blog erhalten und werden als Spezialisten gebucht, um in Unternehmen oder auf Messen zu sprechen.

Wer es nicht versteht von seiner journalistischen Arbeit zu leben, darf die Schuld nicht den Verbrauchern oder dem technischen Fortschritt geben. Die Zeiten ändern sich. Und so ist es von Zeit zu Zeit nötig neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Wer Ende des 19. Jahrhunderts Pferdekutschen verkaufte, musste sich auch den Entwicklungen der Zeit stellen und sich der neuen Technik, dem Automobil, stellen. Was hätte es genutzt, das Auto als Teufelswerkzeug darzustellen und die Menschen zu beschimpfen, weil sie nun mit motorisierten Vehikeln fahren wollten statt sich in eine gute alte Pferdekutsche zu setzen? Unternehmer müssen mit der Zeit gehen und sich den Märkten anpassen, sonst werden sie früher oder später pleite gehen. Diese Lektion müssen nicht nur die Zeitungsverleger lernen.

Die große technische Entwicklung unserer Zeit ist das Internet

Haben sich die traditionellen Medienhäuser dem Fortschritt und dem Medium Internet angepasst? Nur bedingt. Denn sie versuchen die alten Denkweisen im Internet fortzuführen statt umzudenken und neue Strategien zu entwickeln. Digitale Abonnements für komplette Zeitungen? Das ist kein neues Geschäftsmodell, sondern der Versuch alte Geschäftsmodelle im neuen Markt unterzubringen. Das Internet ist ein Netzwerk, in dem man nicht einer einzigen Webseite treu ist, sondern seine Informationen von vielen Seiten bezieht. Wieso sollten die Internetuser dann für eine komplette Zeitung bezahlen, wenn sie nur ein bestimmter Artikel interessiert?

Einer der vielen Vorteile, den das Internet bietet, ist die Möglichkeit der direkten Kommunikation. Internetuser möchten die Möglichkeit haben, Artikel direkt zu kommentieren und mit anderen über den Beitrag zu diskutieren, der sie interessiert. Und sie möchten Artikel auf sozialen Netzwerken, wie Facebook oder Google Plus, teilen können bzw. sie per E-Mail verschicken können, um Freunde, Verwandte und Bekannte über Themen zu informieren, die sie beschäftigen. Das ist mit einer Printausgabe und vielen digitalen Zeitungsversionen nicht möglich.

Rettet den Qualitätsjournalismus!

Zuletzt möchte ich mich noch dem Thema Qualitätsjournalismus widmen, der, so möchten es uns Menschen wie Giovanni di Lorenzo glauben machen, insbesondere in großen Zeitungsverlagen vorzufinden ist. Sind die Journalisten von Traditionsmedien tatsächlich kompetenter und besser als beispielsweise Blogger? Recherchieren sie besser? Schreiben sie bessere Texte? Ich kenne eine Reihe an guten Blogs, die besser informiert und kritischer sind als manch große Tageszeitung. Das liegt vorallem daran, dass Blogs sich meist nur einem Thema widmen, in diesem Bereich aber echte Spezialisten sind. Meine tägliche Zeitungslektüre besteht deshalb auch aus einer Mischung vieler Blogs und Onlinezeitungen. Über einen RSS-Reader abonniere ich viele verschiedene Blogs und Newsseiten, deren Artikel ich jeden Morgen über eine App auf meinem iPad lese. Die App bereitet mir meine Webseiten-Abonnements (die so genannten RSS-Feeds) so auf, dass ich die Beiträge der von mir abonnierten Webseiten wie eine Zeitung lesen kann. Auf diesem Weg habe ich mir meine eigene Zeitung zusammengestellt, die Ihre Artikel von vielen verschiedenen Quellen bezieht; Quellen meiner Wahl. Das ist Fortschritt! Das ist die Zukunft! Und ich wage mal zu behaupten, dass ich dadurch besser informiert bin, als wenn ich nur eine einzige Tageszeitung abonnieren und lesen würde.

Der Motor ist das Entscheidende

Medienhäuser, die überleben möchten, müssen zunächst einmal das Medium Internet verstehen und sehen, welche Chancen es bietet. Wenn sie das begriffen haben, müssen Sie Ihre Geschäftsmodelle überdenken und sie an die moderne Technik und die neuen Möglichkeiten anpassen. Um bei unserem Pferdekutschen-Beispiel zu bleiben: die Kutsche mit Farbe anzustreichen, damit sie wie ein Auto aussieht und die Pferde unter Stoff zu verstecken, reicht nicht aus. Die Kutsche braucht einen Motor, wenn sie von den Menschen auch in Zukunft noch gefahren werden soll.

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

3 Antworten

  1. Axel sagt:

    Sehr schöner Artikel, wenn auch zu einem unschönen Thema. Ich habe mir „dank“ Internet das Zeitunglesen leider auch völlig abgewöhnt. Und, obwohl viele Schulen z.B. Zeitungsprojekte im Deutsch- oder SoWi-Unterricht in Kooperation mit Tageszeitungen durchführen, werden gedruckte Zeitungen nur durch Spezialisierung überleben können, v.a. wenn sie sich auf das Regionale konzentrieren oder vielleicht auch nicht mehr täglich, sondern wöchentlich erscheinen. Ich denke, die „große“ Zeitung, die mir jeden Tag die Welt in allen Fassetten erklärt, ist passé.

  2. Harry Mann sagt:

    Gründe gibt es viele, bei der Heilbronner Stimme liegt es wohl auch daran: http://deutscheverleger.wordpress.com/

  1. 5. Dezember 2012

    […] Financial Times Deutschland wird eingestellt und das Stadt-Magazin Prinz gibt es von nun an nur noch online. Die Zeitungsverleger klagen laut über ihre Not. […]

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