Republica 2013 Tag 1 – Ein Resümee

🕓 Lesezeit circa 6 Minuten

Dieses Jahr war es mir leider nicht möglich nach Berlin zu reisen und an der re:publica 2013 teilzunehmen. Wenige Tage vor Beginn der Internetkonferenz musste ich mein Ticket verkaufen und mich damit anfreunden, die Vorträge ausschließlich online per Live-Stream zu verfolgen.

Mein heutiges Resümee bezieht sich demnach nur auf die Sessions, die ich gestern den ganzen Tag über live über das Internet verfolgt habe. An dieser Stelle möchte ich dem Team der re:publica herzlich danken, dass sie alle Beiträge kostenlos online stellen und die Vorträge der Hauptbühne sogar live streamen.

Input, Input, Input

Ich habe gestern so viele verschiedene Beiträge gesehen von so vielen beeindruckenden Menschen, dass mein Kopf vor lauter Informationen, Gedanken und Ideen übersprudelte und ich mich nicht mehr in der Lage fühlte darüber zu bloggen. Ich bin inspiriert, bewegt und habe den Abend gebraucht, das Gehörte zu verarbeiten und für mich auszuwerten. Heute morgen – frisch und munter – möchte ich deshalb für Euch ein Fazit des ersten Tages der re:publica 2013 ziehen.

Innovation und Vernetzung

Erik Hersman aus Afrika sprach gestern über Innovationen in Afrika. Nun denken wahrscheinlich die wenigsten von uns an Afrika, wenn es um Innovationskraft geht und tatsächlich zeigen Statistiken auch keine großen Errungenschaften von diesem Kontinent. Das mag aber vor allem daran liegen, dass solche Statistiken ausschließlich die angemeldeten Patente zählen. Dabei sprudelt es in Afrika nur so vor innovativen Ideen. In den letzten Jahren sind in ganz Afrika Tech-Hubs entstanden, Knotenpunkte, an denen Menschen sich treffen und Ideen austauschen, sich vernetzen und gemeinsam Projekte verwirklichen. Dort werden neue Produkte erschaffen, Geschäftsmodelle entwickelt und Kontakt zu Investoren gesucht. Auch Erik Hersman hat ein solches Tech-Hub gegündet: das iHub in Nairobi. Denn die Community (engl.: Gemeinschaft) ist ein Wettbewerbsvorteil und wichtig für Innovationen, davon ist Erik Hersman überzeugt.

Eine der neusten Erfindungen aus Afrika ist der so genannte BRCK (gesprochen: Brick) für dessen Markteinführung per Crowdfundig derzeit Geld gesammelt wird. Es handelt sich hierbei um ein Verbindungsgerät zum Internet, das sowohl einen Ethernet-Anschluss bietet als auch einen SIM-Karten-Einschub, um mobil surfen zu können. Auch vom Strom aus der Steckdose ist der BRCK nicht abhängig, denn ein Akku versorgt das Gerät bis zu acht Stunden mit Energie. Während wir uns in Europa den Nutzungszweck eines solches Gerät kaum vorstellen können, ist es in Afrika ein regelrechter Segen, denn Strom und Internet sind dort nicht ständig und zuverlässig verfügbar. Sechs Wochen am Stück ohne Internet? In Afrika keine Seltenheit.

Verstehen. Aufeinander zugehen.

Gunter Dueck ist überzeugt: man muss sich auch mal mit Menschen auseinandersetzen, die nicht der eigenen Meinung sind. Ob in Talkshows im Fernsehen, zu Hause mit dem Ehepartner oder im Internet: überall finden Streitgespräche statt, in denen wir uns mit unterschiedlichen Meinungen begegnen und nicht bereit sind, die Sicht des anderen zu verstehen und uns anzunähern. Wir argumentieren stets aus der eigenen Gruppe heraus, der wir meinungstechnisch angehören. Um Lösungen zu erreichen ist es aber wichtig, sich in die Denkweise des anderen hineinzuversetzen und zu versuchen, das Gegenüber zu verstehen und sich mit ihm ehrlich auseinanderzusetzen. „Sie müssen darauf achten, was Mama und Papa und der Mann von der NPD nebenan denken. Und sie müssen versuchen, sie zu verstehen!“, forderte Gunter Dueck auf der großen Bühne der re:publica.

Was bedeutet das für die digitale Gesellschaft und die Netzaktivisten? Was bedeutet das für die Debatten um Netzneutralität, Vorratsdatenspeicherung & Co.? Wir müssen die Menschen erreichen, die nicht so internetaffin sind wie wir. Wir müssen zuhören, verstehen, aufeinander zugehen. Dueck: „Es ist eine Scheiß-Arbeit, das zu schaffen. Das schafft kein Einzelner. Man kann das auch nicht durch Meckern und nicht durch Bloggen. Dafür muss man raus.“

Blogging in Kuba

Bloggen unter Fidel Castro? Lebensgefährlich. Und heute, wo Raúl Castro Staatsoberhaupt Cubas ist? Die Bloggerin Yoani Sánchez aus Kuba erzählte aus Ihrem Alltag und erklärte in beeindruckender Weise, warum sie bloggt und was das Internet für sie bedeutet. Sie wurde schon mehrmals von der Geheimpolizei verschleppt und wird bis heute abgehört und beobachtet. Sie bloggt für eine bessere Zukunft Kubas, bloggt gegen die Unterdrückung und gegen die Zensur. Sie möchte informieren, verändern, Widerstand leisten. Yoani Sánchez lebt in einem Land, in dem es in den Haushalten kein Internet gibt und indem der Zugang zum Netz so viel Geld kostet, dass sich die Mehrzahl der Bürger das nicht leisten kann. Sie lebt in einem Land, in dem zensiert wird, Zeitungen nicht frei berichten und viele Webseiten gesperrt sind. Widerstandskämpfer twittern hinaus in die Welt, allerdings per SMS, womit sie zwar publizieren, aber selbst nicht die Internetnachrichten lesen können. Wie können wir in Europa helfen? Wir können die Twitter-Nachrichten der Widerständler verfolgen und retweeten, damit die Geheimpolizei sieht, dass die Weltöffentlichkeit da ist und Blogger wie Yoani Sánchez nicht einfach verschwinden und eingesperrt werden. Wir können kubanische Blogger per SMS Informationen zukommen lassen, die sie sonst nicht bekommen, können über sie berichten, ihre Texte lesen. Und wir können Urlaubern technische Geräte mitgeben, die sie den Menschen dort überlassen: ob USB-Stick oder altes Laptop.

Graham Linehans „IT-Crowd“

Sehr interessant fand ich auch das Interview von re:publica-Mitgründer Johnny Haeusler und Graham Linehan. Herr Linehan ist Drehbuch-Autor und Regisseur. Einer seiner erfolgreichsten Comedy-Serien ist die IT-Crowd, in der es um die Beziehung und Kommunikation zwischen Nerds und den nicht so computerversierten Menschen geht. Wirklich lustig! Wer die Serie nicht kennt, hier ein kleiner Ausschnitt aus der Serie:

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Sascha Lobo – Macht!

Der letzte Beitrag an diesem Tag war der Vortrag von Sascha Lobo. Die Worte vom Vorzeige-Blogger aus Deutschland scheint niemand verpassen zu wollen, denn der Saal war voll mit Menschen. Sascha Lobo forderte uns alle auf, in den Kampf für das freie, offene und sichere Internet zu gehen. Denn bei den wichtigen netzpolitischen Themen Leistungsschutzrecht, Bestandsdatenauskunft, Funkzellenabfrage, etc. habe die Netzgemeinde nur wenig erreicht. Das macht ihm wütend; ihn und viele andere. Doch wie sollen wir es besser machen? Wie das freie, offene und sichere Internet möglich machen und beschützen?

Lobos Antwort ist simpel. Wir müssen „machen“ – mit Wut und Pathos! Aktiv werden. Und in jedem einzelnen Kampf der Netzpolitik Koalitionen eingehen und uns mit Gleichgesinnten verbünden. Das werden wechselnde Koalitionen sein, versichert Lobo, aber es braucht bei jedem Thema Verbündete. Zudem forderte er die Netzgemeinde dazu auf, sich zu überlegen, wie wir Angela Merkel überzeugen können. Nur auf diesem Weg können wir vorankommen in den großen Debatten um das Internet, da ist er sich sicher.

Auch Sascha Lobo hat etwas gemacht. Gemeinsam mit Felix Schwenzel hat er ein WordPress-Plugin entwickelt, das sich „Reclaim Social Media“ nennt. Das Plugin soll alles, was der Nutzer im Netz tut – jedes Gefällt mir auf Facebook, jeden Tweet auf Twitter, jedes Posting auf Sozialen Netzwerken, jedes Foto, jeden Kommentar – auf dem eigenen Blog anzeigen und speichen. Das Plugin soll uns dabei helfen, die Kontrolle wiederzuerlangen und unsere Internet-Inhalte nicht durch Unternehmen, wie Facebook oder Twitter, verwerten lassen, sondern wieder selbst zu verwalten. Die Grundidee: der eigene Blog als Homebase im Netz.

 

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[box]Lest hier die Zusammenfassung vom zweiten Tag der Republica 2013:
Republica 2013 Tag 2 – Ein Resümee[/box]

 

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

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