Internetzensur im Namen des Jugendschutzes – so ein Unsinn!

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Beim Zappen bin ich gestern Abend durch Zufall auf die Sat1–Diskussionsrunde „Eins gegen Eins“ gestoßen und fasziniert hängengeblieben. Das Thema der Sendung: Sex, Mobbing und Gewalt im Internet – muss der Staat unsere Kinder per Gesetz besser schützen?

Der Diskussion stellten sich Blogger Sascha Lobo und Rechtsanwalt Ingo Lenßen.

Noch bevor ich der Diskussion folgte, schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: was qualifiziert TV-Anwalt Ingo Lenzen an einer Diskussion über das Internet teilzunehmen? Kennt er sich auf diesem Gebiet überhaupt aus? Ich ahnte nicht, wie schnell ich mir diese Frage im Lauf der Sendung erneut stellen und auch beantworten würde.

Sascha Lobo argumentierte sehr gut. So erklärte er beispielsweise, dass Freiheit bedeute, dass auch Inhalte im Netz stehen, die einem nicht gefallen. Die Struktur des Internets sei zudem so geschaffen, dass die Inhalte nicht kontrollierbar seien.

Und da muss ich ihm absolut Recht geben! Für alle, die nicht verstehen, weshalb die Inhalte sich nicht kontrollieren lassen, möchte ich gerne folgendes anmerken: die deutsche Politik kann Jugendschutz-Gesetze für deutsche Webseiten beschließen (Gesetze, die es übrigens schon gibt), aber eben nicht für Webseiten anderer Länder. Deutsche Seiten machen nur einen sehr kleinen Teil des Internets aus – ist es wirklich unser Wunsch, dass eine Internetzensur eingeführt wird, bei der eine Behörde entscheidet, welche Webseiten für die Öffentlichkeit erlaubt sind und welche nicht – um mehr Sicherheit beim Internetsurfen zu gewährleisten? Denn einen Seitenbetreiber, der seine Webseite auf einem nicht-deutschen Server liegen hat, kann die deutsche Regierung nun einmal zu keinen jugendschützenden Maßnahmen zwingen. Wollen wir deshalb eine deutschen Behörde für uns entscheiden lassen, welche Netzinhalte freigegeben werden und welche nicht? Und an dieser Stelle noch ein Zitat von Sascha Lobo aus der Sendung, nachdem er betonte, dass Sicherheit und Freiheit immer einer Abwägung unterliegen:

„Deswegen das ganze Internet zu kastrieren, für alle Menschen, halte ich für einen ganz fatalen Fehler.“

Sascha Lobo kommt zu einer anderen Schlussfolgerung. Die Eltern müssen mehr in die Verantwortung genommen werden, denn nur sie haben die Möglichkeit Ihre Kinder vor Sex, Mobbing und Gewalt im Internet zu schützen: „Verantwortlich sind in erster Linie – und dann kommt lange nichts – die Eltern!“. Und dabei kann man die Eltern natürlich unterstützen: mit technischen Lösungen, die es den Eltern noch einfacher machen ihren Kindern zu helfen. Gemeint ist beispielsweise Jugendschutz-Software, die nicht nur jugendgefährdende Seiten sperrt, sondern zum Beispiel auch die Zeit am Computer begrenzen kann.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal eine persönliche Anmerkung machen. So viele Eltern regen sich darüber auf, wie gefährlich das Internet für Kinder und Jugendliche ist und, dass man etwas dagegen tun sollte. Die wenigsten haben aber eine Kinder- bzw. Jugendschutzsoftware auf den Computern ihrer Jüngsten installiert! Warum nicht?

Und auch die Schulen wären gefordert über das Internet aufzuklären! Gerade das Thema „Privatsphäre schützen“ ist heutzutage wichtiger denn je. Kinder und Jugendliche müssen lernen, was sie im Internet von sich preisgeben können und was sie besser nicht veröffentlichen sollten. Hier sind die Schulen gefordert, die Kids aufzuklären und sie auf die Gefahren im Internet aufmerksam zu machen.

Schließlich zog der Moderator der Sendung (der übrigens alles andere als neutral war) die emotionale Trumpf-Karte und zeigte ein Video über den 13-jährigen Joël H., der sich aufgrund von Cyber-Mobbing das Leben genommen hat. Eine wirklich tragische und sehr traurige Geschichte, keine Frage – aber müssen wir daraus schließen, dass wir das Internet durch Gesetze beschneiden bzw. zensieren müssen?

Sascha Lobo sagt ganz klar nein. Er kritisiert die Emotionalisierung der Debatte und weist darauf hin, dass es nun einmal keinen Knopf gäbe, mit dem sich für Kinder ungeeignete Seiten abstellen ließen.

An dieser Stelle hätte ich von Herrn Lenßen gerne erfahren, wie er das Internet denn gerne kontrollieren möchte. Mit welchen technischen Möglichkeiten will er das Netz sicherer machen? Es gibt – außer einer Zensur – keine Möglichkeit Internetinhalte zu kontrollieren. Oder um es in den Worten Sascha Lobos zu sagen: „Internet heißt den Kontrollverlust akzeptieren.“

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

1 Antwort

  1. 30. Juni 2011

    […] In letzter Zeit wird sehr viel diskutiert über das Thema Internet Jugendschutz. Wer soll dafür verantwortlich sein, was Jugendliche im Internet sehen […]

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