Markus Lanz und die „Bitch“

🕓 Lesezeit circa 3 Minuten

Gestern Abend gab es einen außergewöhnlichen Talkshow-Gast bei Markus Lanz zu sehen: Lady Bitch Ray, eine deutsch-türkische 30-jährige Frau, die mit bürgerlichem Namen Reyhan Sahin heißt. Die junge Frau mit den schrillen, freizügigen Outfits und der vulgären Ausdrucksweise ist deutsche Rapperin. Deutschlandweit bekannt wurde sie allerdings nicht durch Ihre Musik, sondern durch einen Auftritt bei „Menschen bei Maischberger“ im Jahr 2007. In dieser Sendung kamen ihr nicht nur 75 sexuell-vulgäre Worte wie „ficken“ über den Mund, sie erklärte zudem, dass es ihr um die Emanzipation der Frauen und eine „vaginale Selbstbestimmung“ gehe und sie die Bezeichnung als Bitch als einen Fortschritt im Hinblick auf die Emanzipation sehe. Deutschland war irritiert und empört und schon begann die Presse über den Paradiesvogel mit dem frechen Mundwerk zu diskutierten.

Vor knapp drei Jahren kam dann der Zusammenbruch von Reyhan Sahin. Depressionen und Todessehnsucht machten der sonst so frechen Rapperin das Leben schwer und brachten sie letztlich sogar in die geschlossene Psychiatrie. Bei Markus Lanz zeigte sie sich nun nach langer Zeit wieder der Öffentlichkeit und sprach über Ihre depressive Zeit und über ihre leider noch immer recht schwer nachvollziehbaren Weltansichten. Doch dabei erntete sie wenig Zustimmung.

Zunächst zog sie über die Castingshow „Germany’s next Topmodel“ her und unterstellte den Teilnehmerinnen nicht zu merken, dass sie „verarscht“ werden. Auch das Thema Schönheitswahn und Essverhalten von Frauen schnitt sie an, allerdings ohne gute Argumente oder tiefgründige Aussagen. Die aktuelle Gewinnerin von Germany’s next Topmodel, die neben ihr sass, lächelte die Kritik an der Castingshow erstaunlicherweise sehr gekonnt weg und stellte von Zeit zu Zeit richtig, was Lady Bitch Ray an bösen Machenschaften hinter der Sendung vermutete.

Weiter ging es mit Sprüchen wie „Hinter jeder starken Bitch steckt eine harte Klit“, doch auch damit konnte die Rapperin niemanden übezeugen oder gar mitreißen. Es scheint, dass nicht nur mir sondern auch den meisten Zuschauern komplett der Sinn hinter ihren Thesen fehlte. Doch das hielt Reyhan Sahin nicht davon ab sich noch mehr in Fahrt zu reden. So sprach sie im Laufe der Sendung dann von ihrem so genannten „Vagina Style“ – ein, wie sie erklärte, „radikal feministisches Konstrukt“, das sie selbst entwickelt habe; aber keinem der Zuschauer irgendetwas sagte.

Veronica Ferres brachte es schlussendlich auf den Punkt: „Ich verstehe es nicht!

Vielleicht müssen wir alle Reyhans neofeministisches Handbuch lesen, das sie gerade verfasst, um ihr folgen zu können… Wirklich schade, denn einige gute Ansätze waren herauszuhören…

Man mag es kaum glauben, aber die Rapperin studierte tatsächlich Linguistik und Germanistik an der Universität Bremen und schloss 2005 ihr Studium mit dem Magister im Fach Linguistik ab. Heute steht Reyhan Sahib kurz vor der Beendigung ihrer Doktorarbeit „Semiotik der Kleidung“. Da ist es schon wirklich verwunderlich, wie unausgereift ihre Thesen und Argumente waren, die sie bei Markus Lanz los werden wollte, das sollte die Verfasserin einer Doktorarbeit eigentlich besser können!

Mein Fazit: Ich habe nichts gegen Provokation, feministische Gedanken und Meinungen oder gar etwas gegen starke, selbstbewusste Frauen, ganz im Gegenteil, aber Lady Bitch Ray hat meiner Meinung nach komplett ihr Ziel verfehlt. Niemand wurde aus ihren Aussagen schlau, ihre Argumente waren undurchdacht, ihr Auftreten geprägt von kindlicher Patzigkeit und einem viel zu großen Ego. Ich habe mich weder von ihrer Kleidung, noch von ihrem Wortschatz provoziert gefühlt. Und was auch immer ihre Message war, bei mir ist sie nicht angekommen. Schade, denn einige gute Ansätze waren definitiv vorhanden.

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Katharina Kokoska

Bloggerin von Frisch-gebloggt.de // iNerd // Bloggerin, Texterin, Web Consultant und Internet-Poweruser // Bücherwurm und leidenschaftliche Hobbyfotografin // Nach-Gran-Canaria-Ausgewanderte

6 Antworten

  1. Katharina sagt:

    Anmerkung der Redaktion:

    „Bitch ist in seiner ursprünglichen Bedeutung das englische Wort für „Hündin“. In der englischen Sprache ist bitch ein beleidigender Ausdruck für eine Frau und bedeutet etwa Miststück, Luder oder Weibsstück. In der deutschen Sprache wird das Wort ungefähr seit den 1990er Jahren vor allem von jüngeren Personen fälschlicherweise als Schimpfwort für Prostituierte verwendet.“

    (Quelle: Wikipedia)

  2. leelah sagt:

    Liebe Katharina,

    ich halte Reyhan Sahin für eine sehr kluge Frau und ihre Thesen alles andere als undurchdacht. Ich habe den Auftritt bei Lanz auch gesehen und sie auch als eher schwach und unsicher erlebt. Das war aber in meinen AUgen kein zu großes Ego, das da gesprochen hat, ich bin mir ziemlich sicher, dass da sehr stark ihre Krankheit gesprochen hat. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass gerade in dieser Zeit des Rekonvaleszenz, wenn man das Gefühl hat wieder im Leben anzukommen, und das war ja auch ihr erster öffentlicher Auftritt, dann hat die Depression immer noch einen großen Einfluss. Diesen Einfluss habe ich selber gerade auf mein Kommunikationsverhalten wahrgenommen und konnte in der Situation absolut nichts dagegen tun. Ihre Art zu reden und zu argumentieren, auch das was du als kindliche Patzigkeit bezeichnest, hat mich sehr stark daran erinnert und zum Teil sogar getriggert.

    Mich wundert aber doch, dass du ihre Weltsichten als schwer nachvollziehbar und seltsam empfindest. Wenn man Lady Bitch Ray als Kunstfigur betrachtet und nicht mit der Privatperson gleichsetzt, erscheint das alles – natürlich überspitzt bis polemisch – eigentlich doch logisch und bedenkenswert. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt und neugierig auf ihr „Handbuch“

    • Katharina sagt:

      Liebe Leelah,
      vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich muss Dir Recht geben, dass Depressionen sich auf das Kommunikationsverhalten auswirken können und deshalb sollten wir Lady Bitch Ray auf jeden Fall Verständnis entgegenbringen und hier und da ein wenig nachsichtig sein. Doch sie hat sich andererseits auch selbst dazu entschieden nun in die Öffentlichkeit zu treten und da muss sie einfach mit Kritik rechnen. Ich verstehe, dass Lady Bitch Ray eine Kunstfigur ist und ich sehe auch die Mißstände, auf die uns Reyhan Sahib aufmerksam machen möchte (wie zum Beispiel das unrealistische, ungesunde Schönheitsideal von Frauen, das uns die Medien suggerieren in Bezug auf Germany’s Next Topmodel). Aber meiner Meinung nach ist es Lady Bitch Ray nicht gelungen ihre Thesen und Argumente so zu formulieren, dass die Zuschauer sie auch verstehen. Und auch die Idee der Kunstfigur ging wie ich finde nicht auf. Denn weder provozierte sie, noch gelang es ihr mit ihrer Figur ein gesellschaftliches Tabu sichtbar zu machen oder gar zu brechen. Sollten ihre Depressionen schuld daran sein, dass so viele Menschen ihre Message nicht verstanden, wäre sie wohl besser beraten gewesen mit dem TV-Auftritt noch zu warten. Aber das ist meine persönliche Meinung, die natürlich nicht jeder teilt.

      Ich freue mich sehr über Deinen Beitrag und Deine Sichtweise, ein großes Dankeschön dafür – sachliche Diskussionen sind wichtig und auf meinem Blog absolut erwünscht!

      • leelah sagt:

        Liebe Katharina,
        danke für deine nette Antwort und entschuldige, dass ich erst jetzt reagiere.
        Ich glaube ein großes Problem war das Setting der Sendung, in dem das Konzept der kunstfigur nur schwer funktionieren konnte. Einerseits war sie da als Privatperson Reyhan Sahin, die über die Depression und ihre Arbeit sprach, andererseits fiel sie (ja allein schon in ihrem Kleid) immer wieder in die Rolle der Bitch, das ist… nun mindestens ein Balanceakt. Und dass der nicht gelungen ist, kann man ihr vorwerfen, ja. Schwierig fand ich auch die Fragestellung von Lanz, der ja offenbar von Anfang an überzeugt war, dass Lady Bitch Ray an der Erkrankung „schuld“ sein müsse und sie damit immer wieder in eine Art Rechtfertigungsdruck brachte, bis ihr dann endlich die Dame von dem Kinderverein zur Seite sprang.

        Was den Schritt in die Öffentlichkeit betrifft bin ich eher zwiegespalten. Ich habe vor einigen Wochen in einer anderen Sendung (auch Lanz … unafassbar, dabei schau ich das doch sonst nie o_O) den Vater von Samuel Koch gesehen, der über seinen Sohn und den Unfall und das veränderte Leben sprach. Da bekam ich schon bei seiner Begrüßung Bauchschmerzen und musste mich regelrecht zwingen lassen, das zuende anzusehen. Alles schrie „der ist noch nicht so weit. Der gehört da nicht hin“. Das war mir sehr, sehr unangenehm.

        Dieses Gefühl hatte ich diesmal nicht.Es ist vielmehr so, dass ich nicht glaube, das Warten da noch etwas ändert, sondern man diese Schritte nur „live“ machen kann. Auch gesunder und sicherer holpert es dann eben in der – ja ziemlich künstlichen – Situation noch.
        Manchmal hilft dann eben nur ins Wasser zu springen um zu schwimmen, auch wenn man dabei Wasser schluckt… Trockenübungen machen einen dann auch nicht mehr sicherer.

        Ich hoffe ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt 😉

    • Michael sagt:

      Hallo Katharina, ich kann Dir nur Recht geben.
      Nach längerer Zeit habe ich mich mal wieder fremd-geschämt 😉

  3. Holger sagt:

    Hallo, ich bin mal so frech und poste was im Blog. Sieht toll aus! Ich nutze auch Wordpress seit kurzem verstehe aber noch nicht alles. Deine Seite ist mir da immer eine gute Anregung. Weitermachen!

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